Network

”Our world is interconnected – What is now a commonplace owes its remarkable career to a metaphor,” writes the philosopher Alexander Friedrich in his theory on the “Metaphorology of Networks.” The net is a figure of thought, a “guiding cultural metaphor” [1] for the entanglement of the world, its interrelationships, dependencies, and responsibilities, and the possibility of everything being connected to everything else. A net is a gathering place, a reservoir of energy, knowledge, ideas, and memories that hold our society together and at the same time, establishes a space of encounter and a platform on which disputes, injustices, and catastrophes are caused and acted out.

A net is a section or a multiplication, a paradigm for something larger or smaller, a system that can be arbitrarily expanded, stretched to infinity, and reduced to the micrological. Nets can be congruently scalable or form diverse surfaces and shapes through their variations. They are permeable or closed, trapping bodies or letting them fall through their meshes.

Olga Jakob uses the motif of the net in her expansive installations, frequently working with paper and textiles—materials which, in their basic structure, already consist of a network of threads, a crisscross, an often inconspicuous grid. The artist's most recent floor works are made of several wafer-thin sheets of silk paper layered and glued to the floor. Their size adapts to the spatial conditions of the respective exhibition venues. On this layered grid, which has grown and condensed, the dancer and artist Miriam Rose Gronwald moves in sometimes slow, sometimes fast dexterous movements and works her way out of the underground and the underground to the outer surface, which she opens with her touches. The dancing body and the processes of erosion and transformation that accompany its movements give rise to cracks, gaps, interstices, openings, folds, and pile-ups of the material, which reveal and expose layers of color lying hidden and transform the surface into a field of three-dimensional objects. Gronwald reacts directly to the paper, which is affected by the psychic moments of contact, turning the surface into a depth, the image into a body, towards a constantly changing pictorial structure, accompanied by a soundscape shaped by the material. The collaboration between the two artists Olga Jakob and Miriam Rose Gronwald began in 2019 as an artistic dialogue and has since resulted in joint performative installations.

Jakob's spatial installations of recent years behave similarly to the interplay between floor installation and performance; they are changeable according to spatial conditions and external influences and react directly to their surroundings. Here, the nature of the textile material plays a significant role. Fabrics are often soft, stretchy, heatable, flexible, and permeable. The artist is concerned with the idea of the fabric object as a joint element and adaptable transitory site of bodies and their present environment. Textiles are used as intermediate modules to protect the body from external influences (sun, cold) through clothing, for example, or to adapt it to the geometric, static structures of postmodern, urban architectures (through pillows, mattresses, sofas) with which people have surrounded themselves.

Olga Jakob's installations hang, waft, and stretch between the given spatial cornerstones, thereby creating those transitions from space to object. The installations, which often consist of several layers, create fluid interstices, depths, surfaces, and crevices, cast shadows, and allow light to enter.

The net structures of the fabrics are the basis for the flexibility of their form and offer transparency and lightness. The textiles, which Jakob often uses more than once, are covered with silk paper, which she then partially removes again afterwards. The process of removal leaves traces and remnants in the form of accidentally created fragile surfaces, cracks, and lines that cover and interrupt the net structures. Thus, a tension is created between spontaneous, processual, transformative pictorial elements and deliberate decisions (such as the use of industrially produced net anatomies), which opens up the sensually dynamic playing field between object and body in Olga Jakob's work.

Lisa Klosterkötter

[1] Alexander Friedrich, Metaphorologie der Vernetzung – zur Theorie kultureller Leitmetaphern, 2015

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Network

“Unsere Welt ist vernetzt – Was heute ein Gemeinplatz ist, verdankt sich der bemerkenswerten Karriere einer Metapher”, schreibt der Philosoph Alexander Friedrich in seiner Theorie zur “Metaphorologie der Vernetzung”.
Das Netz ist eine Denkfigur, eine “kulturelle Leitmetapher”[1] für die Verwobenheit der Welt, für ihre Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Verantwortlichkeiten, für die Möglichkeit alles mit allem zu verbinden. Ein Netz ist ein Auffangbecken, ein Speicher von Energie, Wissen, Ideen und Erinnerungen die unsere Gesellschaft zusammenhalten und begründet gleichzeitig eine Begegnungsfläche und Plattform auf der Auseinandersetzungen, Ungerechtigkeiten und Katastrophen verursacht und ausgetragen werden.

Ein Netz ist ein Ausschnitt oder eine Multiplikation, ein Paradigma für etwas Größeres oder Kleineres, ein System das beliebig erweitert, ins Unendliche gedehnt und ins Mikrologische verkleinert werden kann. Netze können kongruent skalierbar sein oder durch ihre Variationen diverse Flächen und Formen bilden. Sie sind durchlässig oder dicht, halten Körper gefangen oder lassen sie durch ihre Raster fallen.

Olga Jakob verwendet das Motiv des Netzes in ihren raumgreifenden Installationen und arbeitet dabei vermehrt mit Papier und Textilien, Materialien die als solche bereits in ihrer strukturgebenden Basis aus einem Fadennetz, einer Kreuzung, einem oft unscheinbaren Gitter bestehen. Die jüngsten Bodenarbeiten der Künstlerin sind aus mehreren Lagen hauchdünner Packseide geschichtet und mit dem Boden verklebt. Sie passen sich in ihrer Größe an die räumlichen Bedingungen der jeweiligen Ausstellungsorte an. Auf diesem gewachsenen, verdichteten, mehrschichtigen Raster bewegt sich die Tänzerin und Künstlerin Miriam Rose Gronwald in mal langsamen, mal schnellen gewandten Bewegungen und arbeitet sich aus dem Untergrund und den Untergrund bis zur vordergründigen Oberfläche hervor, die sie mit ihren Berührungen öffnet. Durch den tanzenden Körper und die mit dessen Bewegungen einhergehenen Abtragungs- und Transformationsprozesse entstehen sowohl Risse, Lücken, Zwischenräume, Durchbrüche, Falten und Auftürmungen des Materials, die im Verborgenen gelegene Farblayers ankündigen, freilegen und die Fläche zu einem Feld dreidimensionaler Objekte werden lässt. Grunewald reagiert unmittelbar auf das Papier, welches durch die psychischen Kontaktmomente tangiert wird und sich aus der Fläche eine Tiefe, aus dem Bild ein Körper hin zu einer sich stetig wandelnden Bildstruktur formt, die durch eine vom Material geprägte Soundkulisse begleitet wird. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Künstlerinnen Olga Jakob und Miriam Rose Gronwald begann 2019 als künstlerischer Dialog und mündete seitdem in gemeinsamen performativen Installationen.

Ähnlich wie das Zusammenspiel von Bodeninstallation und Performance verhalten sich auch Jakobs Rauminstallationen der letzten Jahre, die durch räumliche Bedingungen und äußere Einflüsse veränderbar sind und unmittelbar auf ihre Umgebung reagieren. Hier spielt die Beschaffenheit des textilen Materials eine maßgebliche Rolle. Stoffe sind oft weich, dehnbar, aufwärmbar, flexibel und durchlässig. Die Künstlerin beschäftigt sich mit der Idee des stofflichen Objektes als Fugenelement und anpassungsfähiger Übergangsort von Körpern und ihrem gegenwärtigen Umfeld. Textilien werden als Zwischenmodule eingesetzt um den Körper durch beispielsweise Kleidung vor äußeren Einflüssen (Sonne, Kälte) zu schützen, oder ihn an die geometrischen, statischen Strukturen postmoderner, urbaner Architekturen anzupassen (durch Kissen, Matratzen, Sofas), mit denen sich die Menschen umgeben haben.

Olga Jakobs Installationen hängen, wehen und spannen sich zwischen den gegebenen räumlichen Eckpfeilern und schaffen dadurch jene Übergänge von Raum zu Objekt. Die Installationen die oft aus mehreren Schichtungen bestehen erzeugen fluide Zwischenräume, Tiefen, Flächen, Spalten, werfen Schatten und lassen Lichteinfällen zu.

Die Netzstrukturen der Stoffe sind die Grundlage für die Flexibilität ihrer Form und bieten Transparenz und Leichtigkeit. Die Textilien, die Jakob oft wiederholt verwendet, beklebt sie mit Seidenpapier um dieses im Anschluss teilweise erneut zu entfernen. Durch die Abtragungsprozesse entstehen Spuren und Überbleibsel in Form von zufällig entstandenen brüchigen Flächen, Rissen und Linien, die die Netzstrukturen überdecken und unterbrechen. So entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen spontanen, prozesshaften, transformativen Bildelementen und gesetzten Entscheidungen (durch etwa die Verwendung industriell hergestellter Netzanatomien), welches das sinnlich dynamische Spielfeld
zwischen Objekt und Körper in Olga Jakobs Werk ebnet.

Lisa Klosterkötter

[1] Alexander Friedrich, Metaphorologie der Vernetzung – zur Theorie kultureller Leitmetaphern, 2015